Dienstag, 4. Oktober 2011

Einer dieser Tage

Heute war wieder einer dieser Tage, der schon unmöglich anfängt. An dem mich die nach irgendeinem Prinzen suchende Greta weckt, ob ich weiß wo er sei, dann von nebenan bestialisches Kindergeschrei mich endgültig aus dem Schlaf treibt. Im Kindergarten angekommen nach einem durchgehetzten Frühstück, wie immer auf die Minute pünktlich zur Vorschule im Stechschritt, mit ungekämmten Haaren und Schokoladenmund, guckt die Leiterin des Kindergartens einfach durch mich hindurch, ohne einen Gruß. Die anderen Erzieher gucken auch allesamt komisch. Da sticht's in meinem Herzen und ich weiß, was sie alle denken: die kriegt's nicht hin! Die kriegt's einfach nicht hin.

Auf der Fahrt zur Arbeit fällt mir dann ein, was ich letzte Woche alles nicht erledigen konnte und die Kollegin, die im Urlaub war und es mir aufgetragen hatte, sicher stocksauer sein wird. Von überall Adlerblicke auf meine ineffiziente Arbeitsweise. Als ich unerlaubterweise meine Mittagssuppe am Arbeitsplatz verspeise, kommt natürlich der Chef durch die Tür - und die Suppe verschwindet hinter dem Rollcontainer. Und die Nachfrage nach den Ergebnissen meiner Akquise zwingen mich, schnell mehrere Ausreden zu erfinden. Eben einer dieser Tage.

Bis ich auf dem Weg zum Kindergarten Obst für Lolas Gruppe einkaufe, denn ich hab noch nie welches mitgebracht. Vielleicht hatte sich die Erzieherin etwas mehr Unterstützung erhofft. Zum Beispiel in Form von Obst, wenn ich schon nicht auf dem Basar Kuchen verkaufe oder bei der Gestaltung des Jahresbuches mitwirke. Und die Leiterin passe ich in einem ruhigen Moment ab, die, die mich morgens noch ignoriert hatte, schaue ihr direkt ins Gesicht, und frage, ob alles in Ordnung ist mit Lola, in der Gruppe. Ob sie zurechtkommen mit ihr. Seit bald einem Jahr geht Lola nämlich in denselben Regelkindergarten wie Greta, als Einzelintegration, ohne jeden Integrationshelfer, ganz normal wie jedes andere Kind auch. Sie schaut mich an, etwas skeptisch und meint dann: "Um ehrlich zu sein, hätten wir es uns viel komplizierter vorgestellt." Ihr Gesichtsausdruck entspannt sich, meiner auch. "Sie hat sich sehr gut in die Gruppe integriert, macht alles mit, wirklich sehr gut, von unserer Seite gibt es keinerlei Probleme. Wenn sie welche haben?" Ich lächle, nein. Und erzähle ihr begeistert, wie dankbar ich bin, wie glücklich Lola dort ist, dass sie zu Hause immer gebärdet, dass Sabine in der Kirche Gitarre spielt und die Kinder singen. Und immer den Morgenkreis mit Obstrunde nachspielt, wenn alle Kinder im Kreis stehen und singen. Dass ich rundum glücklich und zufrieden bin. Die Leiterin lächelt, und ich habe eines meiner Hirngespinste erlegt....

Und danach bei Gretas Kindertanz schon wieder etwas lustiger und zufrieden bin und ausgelassen mit Lola Fangen spiele, während wir warten, dass Gretas Tanzstunde zu Ende geht. Und Lola lacht, wie nur Lola lachen kann. Mit einer Begeisterung und Inbrunst, dass sie jeden damit ansteckt. Und dann mit den anderen Kindern wild auf den Matten herumklettert und runter rutscht, bis Greta raus kommt und auf mich zustürzt und dann auch mit den anderen Kinder klettert und tobt und rutscht. Da kommt eine Frau auf mich zu, sehr sympathisch, deren Tochter auch beim Kindertanz ist und mit der ich ab und an ein Wort wechsle. Sie lächelt mich offen an und sagt: "Ich wollte dir immer schonmal sagen, was für eine schöne Familie ihr seid. Immer wenn ich euch sehe, dann geht mir das Herz auf und ich freue mich, dass ihr da seid. Ja, dass wollte ich dir mal sagen."

Wie schön! Solche Worte zu hören! Vielleicht sollte ich doch mal über meine Selbstwahrnehmung nachdenken? Und all die anderen meiner Hirngespinste...

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